Yannik Gerland: “Ich würde den Sprung in die USA definitiv wieder machen.”

Der 3000m Hindernis Läufer konnte sich den Traum vom Leichtathletik Stipendium in den USA verwirklichen.

Wer im Sport auch mal über die Landesgrenzen hinaus schaut, wird sicherlich wissen, welchen Stellenwert Sport an amerikanischen Colleges und Universitäten hat. Für einen jungen deutschen Leichtathleten können die dort vorherrschenden Möglichkeiten, die Förderung und Betreuung wie ein Traum wirken. Yannik Gerland, 3000m Hindernis Läufer konnte sich diesen Traum verwirklichen und erzählt uns von seinen Erfahrungen als Athlet und Stipendiat an einem College in den Staaten. Neben all den Chancen die einem das Stipendium bieten kann musste Yannik aber auch Schattenseiten seines Traums kennenlernen. 

Yannik ist schon beinahe sein ganzes Leben Leichtathlet. Wie es dazu kam? Er erzählt uns, wie er auf den Pfad zum Profi gekommen ist.

Ich war damals in der ersten Klasse. Ich war immer ein Kind, das sehr hibbelig war, sich nie richtig austoben konnte. Meine Eltern haben mich dann in die Leichtathletik gesteckt. Das hat angefangen mit spielerischem heranarbeiten an die Leichtathletik über den Dreikampf und den Fünfkampf bis hin zum richtigen Mehrkampf. Und nach so einigen Jahren hat sich dann herauskristallisiert, dass ich im Laufen meine Stärken habe und im Werfen eher nicht so. 2012 habe ich es dann in den Landeskader bei uns geschafft. Das war auch das erste Jahr, in dem ich Hindernis gelaufen bin. Ich bin bei den Älteren gestartet, weil es das eigentlich erst in der U18 gab und trotzdem gleich Landesbester geworden, wodurch der Landestrainer auf mich aufmerksam geworden ist. Seitdem hat mich das Hindernis festgehalten und auch nicht mehr losgelassen. Es ist einfach kreativ, einfallsreich, es ist nicht immer nur stumpf geradeaus laufen.
Foto: Mirko Blättler (04.06.2021)

Der Leistungssport war für Yannik nicht wirklich das eine Ziel auf das er hinarbeitete, zumindest nicht am Anfang. Dass aus dem Hobby eine Passion und schließlich ein Weg mit klaren Zielen wurde, kam ganz plötzlich.

Ich hatte das tatsächlich nie so direkt im Blick. Leichtathletik war einfach immer etwas, das mir unglaublich viel Spaß gemacht hat. Ich bin eben zweimal die Woche hingegangen und hatte gleichzeitig meine Freunde dort. Alles weitere hat sich dann erst über die Zeit entwickelt. Ich bin bis zur elften Klasse auf ein ganz normales Gymnasium gegangen. In der zwölften Klasse bin ich dann aber auf eine Sportschule gewechselt, um durch die Förderung meine Schule und den Sport zu kombinieren. Das hat dann auch gut geklappt bis zu meiner ersten Verletzung.

Diese Verletzung geschah ausgerechnet kurz vor dem Wechsel in die Vereinigten Staaten. Aber was war bei Yannik der Auslöser, seine Heimat für sein Studium zu verlassen und in die USA zu gehen?

Ich habe nach der zehnten Klasse ein Austauschjahr in Kanada gemacht und habe da auch Leichtathletik betrieben, auch relativ erfolgreich. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich damals einfach in Kanada studieren wollte. Das hat aber leider nicht geklappt, weil Kanada für internationale Studenten nicht wirklich Stipendien zur Verfügung stellt wie es die USA macht. Dann habe ich mich eben letztendlich für die USA entschieden. Man kann dort ein Studium und den Sport wirklich sehr gut verbinden. In den USA zu trainieren ist etwa zu vergleichen mit dem Training an einem Olympiastützpunkt in Deutschland. Zusätzlich unterstützt dich aber die Uni, zahlt dir dein Studium, deinen Lebensunterhalt und du kannst für die Uni starten. Das ist wie ein richtiger Vertrag.
Quelle: Yannik Gerland

Natürlich bedeutet das Stipendium nicht nur Sport für einen jungen Athleten. Doch für Yannik stand lange Zeit der Sport weit vor dem Studium. Seine Perspektive zu dem Thema hat sich in den letzten Jahren jedoch etwas geändert.

Für mich war das am Anfang nur ein zweites Standbein, ich will Profisportler werden. Und das habe ich auch noch nicht abgeschrieben, das habe ich immer noch im Kopf,. Aber mir ist auch klar geworden, dass ein Studium wichtig ist, um nach dem Profi-Sport auch ein Leben danach leben zu können und auch finanziell selbstständig zu sein. Das war mir am Anfang nicht so bewusst wie jetzt, 4 Jahre später.

Das Studium in den USA scheint also alles zu bieten, was man als junger Profisportler so brauchen könnte. Der Wechsel an das College in den USA brachte einige neue Erfahrungen für den Leichtathleten mit sich.  

Der Unterschied zwischen dem Alltag in den USA und Deutschland als College-Sportler ist nicht so unglaublich groß. Man steht auf, geht ins Training, geht in die Uni und gegebenenfalls nochmal zum Training. Das Einzige, was wirklich neu für mich war, waren die vielen Wettkämpfe, an denen wir teilgenommen haben. Wir waren häufig über mehrere Tage nicht an der Uni und haben unterwegs die Klausuren geschrieben.
Quelle: Yannik Gerland

Der Alltag eines College-Athleten ist also stark darauf ausgelegt, den Fokus auf den Sport zu richten. Aber dieser klar gerichtete Fokus, welcher von Sportlern oft als Traum angesehen wird, kann auch schnell andere Seiten ans Licht bringen, wie Yannik am eigenen Leib hat erfahren müssen. 

Ich habe nicht nur gute Erfahrungen in den USA gesammelt. Ich bin verletzt in die USA gereist und hatte damals das Pech einen Coach zu bekommen, der nicht so wirklich einverstanden damit war, dass ich wegen meinen Verletzungen das Training runterschrauben musste. So hat sich meine Verletzung damals verfestigt und ich bin sie nicht richtig losgeworden. Es hat sich über ein Jahr gezogen. Und in meinem Sport bedeutet ein Jahr jede menge Ausdauer die man verliert. Es hat bis jetzt, knapp drei Jahre, gedauert, bis das alles wieder besser geworden ist.

Knapp drei Jahre sind eine lange Zeit für die Genesung, besonders als Sportler, wenn eben der Körper das Kapital ist. Und wenn man sich dann gerade zurück kämpft dann kann eine weltweite Pandemie nochmal alles durcheinander bringen. 

Meinen letzten beiden Saisons ist leider Corona in die Quere gekommen. Ich bin bis Januar 2021 jetzt in Deutschland geblieben, hab dann eine halbe Saison in den USA gemacht und bin danach im März wieder zurück nach Deutschland gekommen. Ich werde im August wieder in die USA fliegen. So durcheinander das alles jetzt war, so hatte es für mich letzten Endes doch einen Vorteil. Dadurch dass ich zwei Saisons nicht starten konnte in den USA, konnte ich die mir nun für die Unis aufheben und bei meinem Stipendium noch einmal dranhängen. Jetzt kann ich meinen Master auch noch in den USA machen, wovon ich natürlich sehr profitiere. 

Trotz manch negativer Erfahrungen will der Yannik die Zeit in den USA nicht missen und würde diesen Weg noch einmal so einschlagen wenn er erneut vor der Entscheidung stehen würde. 

Ich würde definitiv den Sprung in die USA nochmal machen. Aber ich würde mir genauer ansehen, an was für eine Uni ich gehe. Mir mehr Zeit lassen, darauf schauen, wie das Team aufgestellt ist, wie die Coaches arbeiten. Ich hatte in den vier Jahren, in denen ich in den USA war, drei verschiedene Coaches. Im ersten Jahr habe ich die Uni gewechselt und in meinem zweiten Jahr hat mein Coach dort die Uni dann verlassen. Darauf könnte ich definitiv verzichten. Aber das hat man nicht in der Hand so etwas passiert und die Erfahrungen haben mich auch stärker gemacht. 

Manche Dinge kann man nicht beeinflussen und deshalb blickt auch Yannik positiv in die Zukunft und auf seine weitere bevorstehende Zeit in den USA. Im August geht es für ihn an die Universität nach New York, mit der er nun im Voraus schon gute Erfahrungen gemacht hat. Wir wünschen ihm ganz viel Erfolg und vor allem eine verletzungsfreie Zeit in den USA.


Louisa

Autor

Louisa

Autorin und Mitgründerin von Athlet.one

Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Spitzensport hat Louisa De Bellis den Durchblick in der Welt der Athlet:innen. Als ambitionierte Handballerin ist sie in der deutschen Sportlandschaft bestens vernetzt, führt Interviews mit Sportler:innen und teilt ihre Expertise auf Athlet.one!