Kim Marschner: “Im Prinzip ist Klettern mein Beruf.”

Viele kennen ihn aus Ninja Warrior Germany, doch in seinem Alltag ist er Profi-Kletterer.

Viele kennen ihn sicherlich aus der Fernsehshow Ninja Warrior Germany. Bereits zweimal schaffte es nur ein einziger Athlet weiter in dem Parkour als der 22-Jährige. Spaß und Erfolg bereitet ihm die Show, doch die Leidenschaft des ambitionierten Sportlers liegt in einer anderen Disziplin. Kim ist in seinem Alltag Profi-Kletterer und nimmt an Wettkämpfen überall auf der Welt teil. Sein Weg in die Kletterhallen und an Felswände kommt nicht von irgendwo. 

“Meine Eltern klettern beide und haben eine Kletterhalle, so bin ich im Prinzip in einer Kletterfamilie aufgewachsen. Wenn wir in den Urlaub gefahren sind, war es immer klar, dass es in Klettergebiete gehen wird.”

Doch auch Kim hat klein angefangen und damals hatte er noch nicht im Kopf einmal an Weltcups teilzunehmen oder die schwierigsten Kletterrouten der Welt klettern zu wollen. 

“Bis ich 10 Jahre alt war, habe ich mehr spielerisch geklettert, hatte manchmal Lust und manchmal eben auch nicht. Dann haben aber Bekannte in der Kletterhalle meiner Eltern ein Plakat für einen Kids-Cup in einer Kletterhalle hier in der Nähe ausgehängt. Obwohl ich davor noch nie an so etwas teilgenommen habe, hatte ich total Lust darauf und wollte mitmachen. Dort habe ich dann ein paar Jungs kennengelernt, mit denen ich mich angefreundet habe. Sie trainierten gemeinsam in einer Trainingsgruppe der ich dann auch  beigetreten bin. Und so hat sich dann der Weg für mich zu den Wettkämpfen ergeben.”
Kim Marschner - Lieblingsdisziplin Bouldern
Seine Lieblingsdisziplin ist das Bouldern. / Foto: Tibor

Wer schon einmal in einer Kletterhalle war, oder lediglich hin und wieder dort aktiv ist, wird sich sicherlich schon freuen, wenn man eine Route schafft oder an einer Wand bis ganz nach oben klettert. Im Wettkampf geht es da etwas anders zu wie uns Kim erzählt. 

“Es gibt im Prinzip drei Disziplinen. Die erste ist Bouldern. Bouldern ist Klettern ohne Seil in Absprunghöhe, man springt auf Matten wieder runter und es geht um Schwierigkeit. Dann gibt es das Lead-Klettern. Da klettert man auf Wänden 15-20 Metern und klettert mit Seil. Dabei ist mehr Ausdauer gefragt, aber es geht auch um Schwierigkeit. Die dritte Disziplin ist das Speed-Klettern. Das ist eine 15 Meter hohe Route, die immer gleich ist, im Prinzip ist das wie 100 Meter Sprint, nur eben nach oben. Es geht dabei ausschließlich um die Zeit, wer am schnellsten oben ist gewinnt.”

Der klare Favorit unter den Disziplinen ist für den ambitionierten Kletterer das Bouldern.

“Ich bin in den letzten Jahren hauptsächlich gebouldert und auch manchmal Lead geklettert, Speed war nie so meins. Jetzt bei den Olympischen Spielen in Tokyo ist es so, dass es ein kombiniertes Format ist. Alle drei Disziplinen werden gemeinsam gewertet, weil Klettern nur eine Medaille bekommen hat. In Paris werden Bouldern und Lead zusammen gewertet und Speed als Einzeldisziplin. Das kommt mir dann entgegen, weil ich Speed nie so gemocht hab und auch nie wirklich gut darin war.”

Mit einer Körpergröße von 1,68m liegt Kim in seinem Sport etwas unter dem Durchschnitt. Wer schon einmal Bouldern war, mag vielleicht denken, dass kürzere Arme und Beine einen Nachteil bieten könnten, wenn es darum geht, höher gelegene Boulder zu greifen. Kim sieht sich jedoch nicht wirklich benachteiligt in seinem Sport und seine Erfolge sprechen für ihn. 

“Ich bin schon kleiner als der Durchschnitt und natürlich bringt das manchmal Nachteile, wenn Griffe weiter auseinander sind, so dass größere einfach hinfassen können und ich eben dynamisch hinspringen muss. Auch bei Ninja Warrior, zum Beispiel bei den Steckkästen, können andere einfach mit der nächsten Hand weitergreifen, bei mir reicht das manchmal nicht. Ich habe dafür aber andere Vorteile. Ich wiege zum Beispiel nicht so viel wie viele andere. Und allgemein denke ich, bei den meisten Hindernissen macht es keinen so großen Unterschied, wie groß man ist. Sowohl beim Klettern als auch bei Ninja Warrior kann man über Kraft und Dynamik viel rausholen. Zudem ist Klettern auch sehr vielfältig, die ganzen Boulder-Routen zum Beispiel. Es ist immer etwas Neues, da bringen dir ein paar Zentimeter mehr auch nicht unbedingt was.”
Bouldern geht der Profi-Kletterer auch gerne an Felsen auf der ganzen Welt. / Foto: Elias Arriagada Krüger
Bouldern geht der Profi-Kletterer auchgerne an Felsen auf der ganzen Welt. / Foto: Elias Arriagada Krüger

Von ein bisschen Körpergröße lässt sich der junge Kletterer auch nicht aus der Ruhe bringen. Seine nächsten Ziele sind klar gesteckt. 2021 wird Klettern das erste mal in Tokyo olympisch sein. Die Qualifikationswettkämpfe dafür sind jedoch schon abgeschlossen. Deshalb liegt der Fokus für Kim, der Mitglied des Nationalkader des Deutschen Alpenvereins ist, voll und ganz auf den Olympischen Spielen 2024 in Paris.

“Im Prinzip ist Klettern mein Beruf. Ich jobbe noch ein wenig bei meinen Eltern in der Kletterhalle, wenn es da was auszuhelfen gibt, aber nur auf Jobbasis. Ansonsten mache ich das was ich am Liebsten tue, klettern.”

Aber wer an den größten Wettkämpfen teilnehmen will, der hat auch nicht viel Zeit für viele Tätigkeiten neben dem Sport. Allein die Weltcups nehmen einen großen Teil des Jahres ein.

“Es gibt sechs Boulder-Weltcups, sechs Lead-Weltcups und sechs Speed-Weltcups. Die gehen meist Anfang April los. Es fängt mit Bouldern an, dann Lead, und Speed ist über die ganze Zeit verteilt. Ich war in Japan, in China, in Amerika. Man fliegt um die ganze Welt für die Cups. Am Ende hat dann jeder Weltcup einen Gesamtsieger, ähnlich wie in anderen Sportarten. Es geht meist im November mit dem Wintertraining los und Ende Februar haben wir die ersten Nominierungswettkämpfe. Da muss man dann zeigen, wer im Winter am besten trainiert hat, wer am fittesten ist, und da qualifiziert man sich dann für die Weltcups. Momentan bin ich dafür gerade voll im Training. Gerade in der momentanen Situation, in der viele Sportstätten geschlossen sind, habe ich natürlich unglaubliches Glück, dass ich gemeinsam mit zwei anderen Athleten des Nationalkaders immer in der Halle meiner Eltern trainieren kann. Viele Hallen sind kommerzielle Hallen und deshalb auch für uns Profisportler geschlossen. Andere haben da bestimmt eine schwierigere Situation als ich.”

Mit den guten Voraussetzungen für das Training und vielen Kontakten zu anderen großen Kletterern in Deutschland, war es nur eine Frage der Zeit, bis Kim Marschner und der größte Wettkampf im deutschen Fernsehen, Ninja Warrior, bei dem schon einige Kletterer ihr Können zeigten, zusammentrafen.

“Zu Ninja Warrior bin ich über Moritz Hans gekommen, mit dem ich befreundet bin und der schon in der ersten Staffel dabei war. Ich wollte auch schon länger mal mitmachen, aber hatte immer irgendwelche Lehrgänge oder Wettkämpfe und damit keine Zeit. Vor drei Jahren hatte ich dann das erste Mal Zeit und habe in Moritz’ Team bei Team Ninja Warrior mitgemacht. Zwei Monate später war die normale Ninja Warrior Staffel, an der ich dann auch zum ersten mal teilgenommen habe.”
2020 scheiterte Kim im Finale am letzten Hindernis vor dem Mount Midoriyama
2020 scheiterte Kim im Finale am letzten Hindernis vor dem Mount Midoriyama. Nur der Last Man Standing Alex Wurm schaffte es im Parkour weiter als er. / Foto: TVNOW / Markus Hertrich

Auch wenn Ninja-Warrior sich von dem Klettersport den Kim normalerweise betreibt unterscheidet, sieht er viele Überschneidungen und Parallelen, die ihm und anderen Kletterern bei dem Weg durch den Parkour zugutekommen. 

„Bei Ninja-Warrior geht es viel um Hangeln, um Oberkörperkraft, und das ist auch, was beim Klettertraining trainiert wird. Deshalb glaube ich haben Kletterer auch eine ganz gute Chance und sind mit vorne dabei bei Ninja Warrior. Speziell darauf trainiert habe ich ehrlich gesagt in den letzten Jahren kaum. Nur das Tau habe ich tatsächlich trainiert. 20 Meter daran am Ende hochzuklettern, da ist natürlich auch viel Technik dabei. Darum habe ich das mal etwas trainiert letztes Jahr. Hat aber letztendlich ja nichts gebracht weil es so weit nicht gekommen ist. Ich glaube aber trotzdem, dass auch Nicht-Kletterer eine Chance haben, da gibt es einige Beispiele für. Ein klein wenig im Vorteil sind Kletterer aber bestimmt.”

Auch wenn seine Leistungen bei Ninja Warrior beeindruckend sind, sieht er sich deutlich mehr als Kletterer als als Ninja Sportler. So nimmt er beispielsweise auch bewusst nicht an Wettkämpfen außerhalb der Show teil, die inzwischen regelmäßig veranstaltet werden.

„Es gibt eine European Ninja League, wo sie Wettkämpfe veranstalten und auch Hallen für nutzen, aber da habe ich nie mitgemacht. Ich habe auch einfach nicht die Zeit dafür, neben dem Klettern, und wenn ich sie doch mal habe, mache ich eher bei der Fernsehshow mit. Aber auch da gehen in jedem Fall die Wettkämpfe und das Klettern vor.”

Kim trainiert zurzeit aktiv für die Weltcups 2021, für die die Qualifikationen noch ausstehen. Wir wünschen ihm viel Erfolg dabei und hoffen, ihn in Paris bei den olympischen Spielen aber auch in den nächsten Staffeln der Ninja Warrior Show verfolgen zu dürfen.

louisa

Autor

louisa

Autorin und Mitgründerin von Athlet.one

Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Spitzensport hat Louisa De Bellis den Durchblick in der Welt der Athlet:innen. Als ambitionierte Handballerin ist sie in der deutschen Sportlandschaft bestens vernetzt, führt Interviews mit Sportler:innen und teilt ihre Expertise auf Athlet.one!