Felix Landes: „Eine duale Karriere kann eine Absicherung sein.“

Er saß über 15 Jahre im Kanu. Heute schaut er auf seinen Leistungssport und sein paralleles Studium zurück.

Zum Kanusport gekommen war Felix Landes durch einen Freund, der den Sport ausprobierte. In Neckarsulm fand er mit 9 Jahren Gefallen an der Sportart auf dem Wasser. Mit seinem Bruder, der bis zu seinem 18. Lebensjahr ebenfalls im Boot saß, entwickelte er in seiner Jugend eine Leidenschaft fürs Paddeln. Mit 12 Jahren schaffte er auf Anhieb den Sprung in den Baden-Württembergischen Leistungskader und somit intensivierte sich sein Training in den darauffolgenden Jahren. Als er schließlich für ein Jahr nach Spanien ging, legte sich sein Fokus noch spezifischer auf den Sport. Nach Sevilla gegangen war er ursprünglich der Sprache wegen, zurück kam er aber mit klaren Zielen, die ihn aufs Wasser zogen.

„Die milden Winter von Spanien nutzen viele Kanu-Sportler, um sich auf die Saison im Sommer vorzubereiten“

Und so nutzte auch Felix diese Trainingsmöglichkeiten, die ihn im folgenden Sommer 2011 bis an die Spitze im deutschen Finale paddeln ließen. Mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft im K2 (Kanu Zweier) und Medaillen in weiteren 3 Disziplinen sicherte sich Felix auch das Ticket für die Teilnahme seiner ersten internationalen Regatta, die Hope Games 2011 in Bydgoszcz (Polen) bei der Sportler aus mehr als 20 Ländern an den Start gingen. Im Jahr darauf folgte für den damals 18-Jährigen die Goldmedaille bei der Junioren-Europameisterschaft in Portugal 2012 im Viererkajak über 1000 Meter.

2013 absolvierte der ambitionierte junge Sportler sein Abitur, bis zu diesem Zeitpunkt konnte er sein Trainingspensum in seinem Heimatverein absolvieren. Doch mit dem erfolgreichen Beenden der schulischen Laufbahn war klar, dass er nun noch mehr Zeit und Energie in seinen Sport investieren wollte. Sein Training, das bis zu 23 Stunden in der Woche beanspruchte, wollte er nun an einem Leistungsstützpunkt weiter intensivieren.

„Von Zuhause habe ich immer mitbekommen, dass ich meine schulische und universitäre Ausbildung nicht vernachlässige. Der Sport kann einem so viel geben, aber ein zweites Standbein sollten wir Sportler nie zu sehr in den Hintergrund geraten lassen.“

Deshalb war für Felix trotz seiner Ziele und dem Trainingsaufwand klar, dass er seinen Sport mit einem Studium verbinden möchte. Für ihn stellte schließlich die Universität Mannheim die für ihn persönlich perfekten Voraussetzungen. Neben dem Leistungszentrum in Mannheim als Trainingsmittelpunkt und dem Olympiastützpunkt in Heidelberg, der für den Kanuten ebenfalls gut zu erreichen war, wurde er an der Mannheimer Universität in ein in Deutschland so einzigartiges Förderprogramm aufgenommen. Neben finanzieller Unterstützung erfahren die geförderten Athleten dort eine strukturelle Hilfe, die eine duale Karriere und die Kombination von Leistungssport und Studium erst ermöglichen.

„Dem Sport musste ich so viel Zeit wie möglich widmen, um eine Chance auf die Boote der Nationalmannschaft und damit die internationalen Regatten zu haben. Ohne das Stipendium wäre ein Studium neben dem Sport nicht möglich gewesen.“

Aber auch trotz der so perfekt aufeinander abgestimmten Lebensinhalte und dem Hauptfokus auf den Sport, erinnert sich Felix, dass er nicht nur auf Unterstützer getroffen ist, wenn es darum ging das Studium neben dem Sport zu absolvieren. So präferierte der Verband nach seinem Abitur, dass er sich dem Stützpunkt in Karlsruhe anschließen möge, wo einige deutsche Kanuten trainierten. Um international Erfolge einfahren zu können, wurde eine 100%ige Ausrichtung der Athleten auf den Sport angedacht. Ein paralleles Studium wurde dabei eher als ein Dorn im Auge betrachtet. Doch Felix gab diesbezüglich nicht auf. Entschied sich dazu sein Politikstudium zu beginnen und trainierte parallel hart, um seine Ziele dennoch zu verwirklichen.

Er bestätigte seinen Ehrgeiz unter anderem mit dem Gewinn der U23 Europameisterschaft in der Paradedisziplin des Viererkajaks über 1000 Meter 2014 und dem U23 Vize Weltmeistertitel im Zweierkajak über 1000 Meter 2016. Während der Zeit wurde er zudem parallel zu seinem Studium in die Sportfördergruppe aufgenommen und zählte damit zu den durch die Bundeswehr geförderten Spitzenathleten.

Heute ist Felix Landes 26 Jahre alt und studiert im Master an der Universität in Darmstadt. Im Boot saß der leidenschaftliche Sportler seit einigen Monaten nicht mehr. Im Sommer 2019 hat seine Leistungssport-Karriere ein plötzliches Ende genommen. Nach einem Leistenbruch im Jahr davor, erhielt er keinen weiteren Kaderstatus mehr. Trotzdem kämpfte er noch einmal weiter. Fuhr zu der Studenten-Weltmeisterschaft, zu den Uni-Games und auch bei den Deutschen Meisterschaften versuchte er an seine Leistungen anzuschließen. Doch dann wurde auch seine Förderung bei der Bundeswehr nicht verlängert. Heute sagt Felix, er habe die Situation und Einstellung des Verbandes zu dem parallelen Studium etwas unterschätzt. Trotz seinen vergangenen gezeigten Leistungen und auch einer Platzierung im Jahr 2019 in der Top-Ten bei den Deutschen Meisterschaften erhielt er, anders als zwei Athleten auf Platzierungs-Rängen hinter ihm, keine Chance auf die A-Nationalmannschaft.

„Ohne finanzielle und strukturelle Förderung war es für mich nicht mehr möglich den Sport weiter auf diesem Niveau auszuüben. Ich musste für mich an diesem Punkt eben entscheiden, dass ich mit Mitte 20 mein Leben nun auf etwas anderes ausrichten muss.“

Natürlich war die Enttäuschung für ihn groß, so hatte er jahrelang trotz der Doppelbelastung immer an seinen Zielen festgehalten und unzählige Stunden in sein Training investiert. Heute ist sich Felix aber sicher, dass auch wenn er möglicherweise durch eine volle Ausrichtung auf seinen Sport immer noch für Deutschland aufs Wasser gehen würde, dass für ihn die Duale Karriere mit seinem Studium nicht wegzudenken wäre.

„Ohne mein Studium würde ich heute dastehen, könnte auf meine Karriere im Leistungssport zurückblicken, hätte aber nichts für das hier und jetzt. Nichts woran ich an dem Punkt wo alles plötzlich weg war, hätte festhalten können und mir neue Ziele setzen konnte.“

Die deutsche Sporthilfe hat einiges bewegt in den letzten Jahren und es gibt eine Vielzahl an Förderprogrammen gerade für junge Athleten, aber auch die Nachaktiven Förderung für ehemalige Top-Team Athleten. Dennoch bleibt leider manchmal die Frage gerade am Beispiel des Kanuten Felix Landes, ob einige Verbände und Sporthilfe noch enger zusammenrücken können, um optimale Möglichkeiten für die Sportler im Sport wie auch der dualen Karriere zu ermöglichen.

Jungen Sportlern möchte der heute 26-Jährige für ihre Karriere im Leistungssport mitgeben, dass Eigeninitiative wichtig ist. Aktives Wahrnehmen der Angebote und direktes Nachfragen bei den Verbänden baut dabei auf das Bewusstsein für die Wichtigkeit einer dualen Karriere auf.

„Es ist wichtig ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass manchmal nicht wir selbst darüber entscheiden, wie lange wir unseren Sport ausüben können. Eine duale Karriere kann eine Absicherung sein und neben dem zweiten Standbein während der aktiven Ausübung auch ein sicherer Grundstein für das Leben nach dem Sport darstellen.“

Die Leidenschaft zu der Sportart auf dem Wasser hat Felix Landes nach all der Zeit im Boot nicht verloren. Mit etwas Abstand blickt er heute zufrieden zurück, auch auf das was er innerhalb des letzten Jahres nach seiner Sportlerkarriere mit dem Beginn seines Masterstudiums und einem anstehenden Praktikum in Berlin erreicht hat. Mittlerweile freut er sich aber auch wieder, wenn es wärmer wird mit Spaß und ohne ambitionierte Ziele ins Kanu zu steigen.


louisa

Autor

louisa

Autorin und Mitgründerin von Athlet.one

Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Spitzensport hat Louisa De Bellis den Durchblick in der Welt der Athlet:innen. Als ambitionierte Handballerin ist sie in der deutschen Sportlandschaft bestens vernetzt, führt Interviews mit Sportler:innen und teilt ihre Expertise auf Athlet.one!