Der deutsche Ringer vom ASV Schorndorf ist seit Dezember 2019 geförderter Spitzenathlet der Bundeswehr. Er trainiert seitdem am Olympiastützpunkt in Heidelberg und konnte nun im Februar seine erste internationale Medaille als Sportsoldat erringen.
Begonnen hat der Schwergewichtler seine Sportler-Laufbahn nicht mit dem Ringen, sondern mit dem Fußball. „Ich habe aber immer schon eine Vorliebe fürs Raufen gehabt“ schmunzelt der 1,91m große Ringer. So fand er dann schließlich die Liebe zum Kampfsport und zum Ringen beim ASV Schorndorf. Diese hält bis heute an und die „Spartaner“ wie sich die Männer des Traditionsvereins aus dem Remstal in der Nähe von Stuttgart nennen, haben sich heute mit Jello Krahmer in ihrem Team zu einer wahren Größe in der Region gemacht. Nach dem Aufstieg 2019 in die 1. Bundesliga folgte unter seinem Stiefvater und großen Unterstützer Sedat Sevsay sogleich der 3. Platz in der stärksten Bundesliga-Staffel Südost hinter den Teams aus Burghausen und Heilbronn und das als jüngste Mannschaft der Liga.
„Immer noch für meinen Heimatverein ringen zu können ist für mich natürlich eine unglaublich schöne Möglichkeit, die nicht allen Athleten gegeben ist. Wir haben aber in den Jahren stetig an Qualität gewonnen und sind auf einem Leistungsniveau angekommen, wo man uns auch in der nächsten Zeit auf dem Zettel haben muss.“
Auch international kommt man mittlerweile an dem Ringer in der Gewichtsklasse bis 130kg im griechisch-römischen Stil nicht mehr vorbei. 2015 feierte der heute 24-Jährige sein Debüt im Nationaltrikot bei der Junioren Europameisterschaft in Istanbul. Es folgte neben den Teilnahmen an mehreren Junioren sowie U23 Europa- und Weltmeisterschaften, 2017 die Bronzemedaille bei der U23 Weltmeisterschaft in Polen. Den Sprung in die Spitze im Männerbereich hat er vor kurzem durch seinen Gewinn der Bronzemedaille bei den Europameisterschaften in Rom erstmals geschafft.
Doch so problemlos wie die Karriere des sympathischen Spitzenathleten scheint, war sie die letzten Jahre bei Weitem nicht, wie er uns verrät.
Nach dem Abitur begann Jello an der Hochschule Aalen sein Studium im Fach International Sales Management und Technology. Sich parallel auf den für ihn durch die Aufnahme ins Nationalteam des Deutschen Ringer-Bundes immer wichtiger werdenden Sport, zu konzentrieren war nicht immer einfach, sagt er heute. Die Hochschule Aalen war zu diesem Zeitpunkt noch keine dafür ausgezeichnete Partnerhochschule des Spitzensports, was die duale Karriere vermutlich einfacher gestaltet hätte. Trotz der Doppelbelastung und den Zielen, die er sich in seinem Sport setzte, war für den Ringer aber klar, dass ein abgeschlossenes Studium für seine Zukunft wichtig ist. Diese Zielstrebigkeit und das Durchhaltevermögen bescherten ihm aber auch während der Zeit im Studium internationalen Erfolg im Ringen. Besonders die Bronzemedaille 2017 bei der U23 Weltmeisterschaft in Polen war eine Belohnung für seine stetige Arbeit. Trotzdem standen die Erfolge und das fortschreitende Studium in gewisser Konkurrenz. Das nötige Trainingspensum und die angesagten Lehrgänge nahmen viel Zeit in Anspruch, die das Studium aber nicht immer bieten konnte. Besonders die höheren Semester, das vorgesehene Praktikum und die Bachelorthesis stellten den Athleten vor eine Herausforderung.
„Den Leistungssport mit dem Beruf und der Bachelorarbeit zu vereinbaren war wirklich nicht einfach und hat mich sehr viel Kraft gekostet.“
Doch auch diese Hürde hat der Ringer genommen und im Oktober 2019 sein Bachelorstudium erfolgreich beendet. Nach all der Anstrengung und der Doppelbelastung ist es umso schöner jetzt die volle Konzentration und Energie auf den Sport auszurichten, so Krahmer.
Möglich ist dies für ihn seit der Vereidigung im Dezember 2019 vor dem Deutschen Bundestag. Seitdem zählt Jello zu den deutschen Sportsoldaten der Bundeswehr und gehört der Sportfördergruppe in Bruchsal an. Nach einer 4-wöchigen Grundausbildung in Hannover die die Athleten noch einmal vor eine Herausforderung mit der Vereinbarung mit ihrem Training stellt, kann danach der Alltag ausschließlich auf den Sport ausgerichtet werden.
„Mein Dienstplan ist mein Trainingsplan. Das ist schon echt cool.“
Unter der Woche wohnt und trainiert er in Heidelberg am Olympiastützpunkt mit seinen Ringer-Kollegen des Deutschen Ringer-Bundes. Am Wochenende geht es meist in die Heimat nach Schorndorf zurück. Der Fokus des ambitionierten Sportlers ist klar auf seine Ziele und seine ständige Weiterentwicklung ausgerichtet. Dass sich das Ganze so schnell und besonders nach dem anstrengenden Jahr 2019 mit dem Abschluss seines Studiums und der Grundausbildung bei der Bundeswehr auszahlt kam für den 24-Jährigen selbst etwas überraschend. „Ich habe natürlich auf die Teilnahme an der Europameisterschaft in Rom hingearbeitet. Das war mein erstes internationales Großturnier bei den Männern und ich wollte einfach so viele Kämpfe wie möglich mitnehmen. Am Ende mit der Bronzemedaille nach Hause zu gehen hat mich unglaublich stolz gemacht und mich bestärkt in dem was ich tue.“ Mit dem Sieg im kleinen Finale gegen den ebenfalls noch jungen Finnen Arvi Martin Savolainen machte Jello Krahmer nicht nur den nächsten Schritt zu seinem Traum von Olympia und ganz nach Oben an die Weltspitze, sondern bescherte damit den deutschen Ringern seit 2009 wieder die erste internationale Medaille im Schwergewicht.
Die nächsten Jahre sind für den jungen Athleten im besten Fall schon genau durchgeplant. Die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio in diesem Jahr hat sich sein vier Jahre älterer Kollege Eduard Popp von den Red Devils Heilbronn durch seinen 5. Platz bei der WM 2019 bereits geholt. Nach seinem Erfolg zuletzt in Rom vertraut Jello auf das Glück des Tüchtigen und arbeitet weiter hart an seinem Ziel Olympia. Die Spiele 2024 in Paris hat er dabei auf jeden Fall fest im Blick. Mit den Möglichkeiten, die er durch die Sportförderung der Bundeswehr nun erhält und seinen Erfahrungen, die er sammelt, sieht er perfekte Voraussetzungen seine Ziele zu verwirklichen.
„Die Teilnahme und natürlich eine Medaille bei Olympia, das ist es wofür wir Sportler jeden Tag arbeiten. Ein Erfolg der auch nach der Karriere bestehen bleibt und hinter deinem Namen steht, das ist es wofür wir kämpfen.“
Mit dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums ist der Ringer aber auch für eine Zeit nach seiner Sportler-Karriere gut aufgestellt. Ob er die Richtung seines Studiums später einmal einschlagen möchte weiß er heute noch nicht. „Mein Fokus gilt natürlich solange es möglich ist meinen sportlichen Zielen. Während der Zeit möchte ich mich aber auch persönlich immer weiterentwickeln.“ Wenn es das Trainingspensum zulässt spielt er sogar mit dem Gedanken nebenher ein Fernstudium zu beginnen. Auch die Sportpsychologie ist ein Feld, das Jello nicht unbeeindruckt lässt. „Im Leistungssport kommt der mentalen Stärke eine besondere Rolle zu und gerade im Ringen kann diese natürlich neben ordentlicher Muskelkraft über Sieg und Niederlage entscheiden. Im Kampf auf der Matte geht es oft darum dem anderen seinen Willen aufzuzwingen. Wer dafür einfach ein Quäntchen mehr gibt gewinnt.“
Wir werden den weiteren Weg des ambitionierten Ringers natürlich verfolgen und sind gespannt wohin ihn sein Können, Fleiß und seine Willensstärke noch führen. Wir wünschen Jello dabei viel Erfolg und drücken die Daumen für viele weitere Momente wie in Rom mit Edelmetall.
Fotot Startseite: Caliskan/picture alliance
Autor
Louisa
Autorin und Mitgründerin von Athlet.one
Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Spitzensport hat Louisa De Bellis den Durchblick in der Welt der Athlet:innen. Als ambitionierte Handballerin ist sie in der deutschen Sportlandschaft bestens vernetzt, führt Interviews mit Sportler:innen und teilt ihre Expertise auf Athlet.one!