Nina Stapf: “Es ist meine große Leidenschaft."

Kunstradfahren ist eine Randsportart. Davon zu leben wird wohl immer eine Wunschvorstellung bleiben.

Selbst als Kunstrad-Europameister bekommen Nina Stapf und ihr Kunstradpartner Patrick Tisch kaum Unterstützung. Mehrere Hundert Kilometer Fahrtzeit nimmt die Sportlerin täglich auf sich um Studium und Training vereinen zu können. Eine spezielle Förderung gibt es nicht. 


Wir haben in dem Artikel Nina Stapf „Wenn man Ziele verfolgt, hält einen auch ein gebrochener Arm nicht davon ab aufs Rad zu steigen.“ bereits über die leidenschaftliche Kunstradfahrerin berichtet. Sie tritt mit ihrem Kunstrad-Partner Patrick Tisch seit mehreren Jahren bei Europa- und Weltmeisterschaften an. Das Kunstrad-Paar ist sogar bereits in die Kunstrad-Geschichte eingegangen, durch eine so noch nie durchgeführte Übung in ihrem Programm. Trotzdem ist Ninas nüchterne Erkenntnis: “Für uns wird der Sport immer nur ein Hobby bleiben, weil es leider nicht möglich ist, diesen Sport hauptberuflich auszuüben.” 

Das bedeutet für die beiden, dass sie das Training in ihren „Berufsalltag“ integrieren müssen. Nach ihrem Abitur im Jahr 2015 begann Nina ein duales Studium, das sie 2018 mit dem Bachelor of Arts abschloss. Schon damals war das mit ihrem Sport nebenher nicht so einfach. Eine besondere Förderung in ihrem Studium gab es nicht. Deshalb wurde der Trainingsplan an die Vorlesungszeiten angepasst. Trotzdem gestaltete sich der Alltag für die beiden Sportler nicht ganz so einfach. Denn Nina und Patrick kommen ursprünglich aus zwei verschiedenen Vereinen. So mussten sie einige Kilometer für ihre gemeinsamen Trainingseinheiten in Kauf nehmen. 


“Ich bin aktiv im Verein RKV Denkendorf und Patrick fährt für den Verein RV Pfeil Magstadt. Wir versuchen uns mit den Trainingsorten abzuwechseln. Das sind dann aber immer pro Strecke gut 40 Kilometer die einer von uns auf sich nehmen muss, damit wir gemeinsam trainieren können.”


Gleitzeit regelt den Trainingsalltag

Nach ihrem erfolgreichen akademischen Abschluss stieg Nina in die Berufswelt ein und arbeitete für ein Jahr in einer Marketingabteilung. 


 “Mein damaliger Arbeitgeber hatte Verständnis für meinen Sport und war auch begeistert davon. Ich bekam eine Gleitzeitregelung, wodurch ich relativ flexibel wurde. So konnte ich meine Arbeitszeit sehr gut mit meinen Trainingseinheiten abstimmen.”


Für Lehrgänge oder auch Wettkämpfe musste sich die junge Sportlerin allerdings trotzdem ganz normal Urlaub nehmen. “Dadurch hat man natürlich auch schon sehr viele Urlaubstage für seinen Sport verbraucht”, so Nina.

Leider gebe es vom Verband keine zusätzliche Unterstützungen oder besonderen Förderungen für die Sportler. Lediglich strukturell können Hilfestellungen gegeben werden. “Gemeinsam mit unserem Bundes- und Landestrainer kann man nach Lösungen in Bezug auf den Berufswunsch suchen”, erklärt Nina. “Das war bei mir bisher allerdings nicht nötig, da ich den Spagat zwischen Beruf und Hobby doch recht gut hinbekommen habe.” 

Durch gute Planung können die Sportler das Trainingspensum erfüllen, dass für ihre Erfolge nötig ist. Das Training in den verschiedenen Hallen der beiden Vereine denen Nina und Patrick angehören bietet neben dem langen Anfahrtsweg für je einen der Beiden aber auch Vorteile. Es können so genügend Trainingszeiten gefunden werden, die an den Alltag angepasst sind. Zudem haben sie so auch zwei Trainer, die sich mit dem Training abwechseln. Und einen Notfallplan gibt es auch: 


“Falls einer unserer Trainer mal keine Zeit haben sollte, unterstützt uns auch teilweise meine Mutter im Training."


Auch sonst ist die Verwandtschaft für die Kunstradfahrerin eine große Hilfe. Ihre Familie versucht sie von Anfang an zu unterstützen. “Sie kommen zu jedem Wettkampf mit, egal wie weit der weg ist. Das freut mich natürlich sehr und es ist sehr schön, wenn die ganze Familie komplett hinter einem steht.”


Täglich 200 Kilometer Fahrt

Im Oktober 2019 begann Nina ein Masterstudium in Betriebswirtschaft und Management. Ihre Hochschule ist jedoch eineinhalb Stunden von ihrem Wohnort entfernt, wodurch noch mehr Fahrzeit für sie entsteht. 


“Ich muss täglich nun gut 200 Kilometer auf mich nehmen, um auch unsere gemeinsamen Trainingseinheiten wahrnehmen zu können”


Auch für diese großen Aufwendungen bekommen die beiden kaum Unterstützung - Kunstradfahren ist eine Randsportart. “Lediglich unsere Vereine versuchen uns so gut es geht mit Übernachtungen bei Lehrgängen und Wettkämpfen zu unterstützen”, so Nina. Es ist für sie nicht immer einfach, den Leistungssport und das Studium unter einen Hut zu bekommen. Dennoch würde sie den Weg immer wieder gehen und rät auch jungen Sportlern an ihren Träumen festzuhalten, ganz egal welche Herausforderungen sich dadurch auch ergeben. 


“Wenn man etwas wirklich möchte und man etwas mit großer Leidenschaft betreibt, ist alles möglich! Und jeder Erfolg den man auf seinem Weg mitnehmen darf, ist eine Bestätigung für die täglichen Strapazen, die wir auf uns nehmen.”
Nina Stapf und Patrick Tisch - Kunstrad
Das deutsche Kunstradteam Nina Stapf und Patrick Tisch / Foto: Tamaris Franke Fontinha


louisa

Autor

louisa

Autorin und Mitgründerin von Athlet.one

Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Spitzensport hat Louisa De Bellis den Durchblick in der Welt der Athlet:innen. Als ambitionierte Handballerin ist sie in der deutschen Sportlandschaft bestens vernetzt, führt Interviews mit Sportler:innen und teilt ihre Expertise auf Athlet.one!